Wie Jelldrik Dallmann von A/O zur Karriere im US-Fußball kam

Er lebt seinen amerikanischen Traum. Jelldrik Dallmann aus Kuhstedt, ehemals Spieler bei der SV Ahlerstedt/Ottendorf, macht im US-College-Fußball Karriere. Neu in seinem Team: ein Ex-D/A-Spieler. Und bald will Dallmann sich noch einen besonderen Traum verwirklichen.

Gehen wir zunächst zurück ins Jahr 2011. Endspieltag in Sottrum. Hier treffen im Kreismeisterschaftsfinale die E-Jugend-Teams von Gnarrenburg und Zeven aufeinander. Es ist das Duell zweier begabter Mannschaften. Auf Gnarrenburger Seite spielen zum Beispiel Alina Böttjer, Marvin Grabau, Phillip Schmitz und auch ein gewisser Jelldrik Dallmann mit. Später kickte Dallmann für die damalige Landesliga-Truppe der SV Ahlerstedt/Ottendorf.

Zwölf Jahre später und grob geschätzt 8.000 Kilometer entfernt erinnert sich Dallmann noch gut an die Partie. „Ich glaube, das war eines meiner besten Jugendspiele. Wir hatten damals eine tolle Mannschaft.“ Dallmann selbst wird gut zehn Jahre später eine ganz bemerkenswerte Karriere im amerikanischen College-Fußball hinlegen. Und diese Geschichte ist noch nicht vorbei.

Der Weg nach Nordamerika beginnt eher durch einen Zufall

Alles beginnt eher zufällig. Dallmann absolviert noch als Nachwuchsspieler auf Vermittlung seines ehemaligen Trainers Yannick Schade ein Probetraining beim Halleschen SC. Er kann sich nicht durchsetzen. Aber Schade macht einen Vorschlag: Wie wäre es, wenn Jelldrik nach dem Abitur für ein Jahr an ein US-College gehen würde, um mit einem Fußball-Stipendium dort zu studieren? Er kenne, so Schade, eine Organisation, die dabei helfen könnte.

Der Vorschlag klingt nicht schlecht. „Ich habe mir gedacht, ich gehe da für ein Semester hin, spiele Fußball und verbessere in dieser Zeit mein Englisch“, erzählt Dallmann. Ohne großes Vorwissen über das amerikanische College-System fliegt er über den Großen Teich und landet mitten in der amerikanischen Provinz, an einem Junior-College in Kansas. Und damit beginnt eine der erstaunlichsten Geschichten im amerikanischen College-Fußball der letzten Jahre.

Fußballerisch läuft es hervorragend für Jelldrik Dallmann

Das amerikanische College-System ist kompliziert und der College-Fußball noch komplizierter. „Ich verstand zunächst nichts davon“, erzählt Dallmann. Aber fußballerisch läuft es von Anfang an hervorragend. Er schießt in seiner ersten Saison in 19 Partien 17 Tore und gewinnt schon in diesem ersten Jahr eine Auszeichnung nach der anderen, wird unter anderem dreimal zum Spieler der Woche gewählt und Torschützen-König.

Damit wäre eigentlich Dallmanns College-Zeit schon vorbei gewesen. Doch dann kommt Corona, und auf einmal hat der Kuhstedter die Möglichkeit, sein Studium auch in Deutschland online fortzusetzen.

Corona ist auch ein Grund, warum Dallmann anschließend in die USA zurückgeht. „In Deutschland war alles dicht“, erzählt der 22-Jährige. „Und in den USA hatte ich die Möglichkeit, Fußball zu spielen und am College einen Abschluss zu machen. Seine alte Uni hat mittlerweile das Soccer-Programm gestoppt. Aber Dallmann hat sich durch sein erstes College-Jahr einen Namen gemacht – und so bekommt er fortan ein Stipendium nach dem anderen für immer größere und bedeutendere Universitäten.

Überragende Torquote und zahlreiche Auszeichnungen
Im Frühjahr 2021 spielt Dallmann für das Illinois Central College und wird erneut Torschützen-König. Es geht im Herbst weiter an die Niagara University. Hier verpasst Dallmann wegen eines zunächst fehlenden Studentenvisums die ersten fünf Partien, aber dann startet er durch, erzielt in 14 Begegnungen 14 Tore und wird „Statistical Champion 2021“, das heißt der Spieler, der im Schnitt die meisten Tore pro Spiel von allen 1.100 zum NCAA-Dachverband – dem größten der drei College-Fußballorganisationen – zählenden Universitäten erzielt hat.

„Das war ein richtig, richtig gutes Jahr“, so Dallmann. „Das hat mich im College-Fußball ganz weit nach vorn gebracht.“ Dallmann, dieser Name ist nun ein Begriff im US-College-Soccer. „Ich habe mir dann gesagt, mal sehen, wie weit es hier noch nach oben gehen kann.“

Dallmann erhält nach dieser Saison gute Angebote von hervorragenden Universitäten im ganzen Land. „Es ist eigentlich verrückt, und das alles nur, weil ich Tore-Tore-Tore gemacht habe“, so Dallmann. Nach einigem Hin und Her wechselt der Kuhstedter an die Lipscomb University – mit klaren Zielen: „Ich wollte meinen Bachelor machen und einen Ring am Finger bekommen.“

Bachelors und Regionalmeister mit der Lipscomb University
Einen „Ring am Finger“ bedeutet, Meister zu werden. Beides gelingt. Dallmann macht seinen Bachelor und wird mit Lipscomb Regional-Meister. Für Dallmann selbst läuft die Saison erneut ziemlich gut. Obwohl er einige Spiele verpasst, gelingen dem ehemaligen A/O/H-Spieler elf Tore, und er wird an der Lipscomb University zum Spieler des Jahres gewählt.

Eine Besonderheit des amerikanischen College-Fußballs ist, dass die Saison nur von August bis Anfang Dezember dauert. Im Sommer spielt Dallmann zur Vorbereitung in der Summer League für die Flint City Bucks – in diesem Jahr gemeinsam mit einem Spieler, mit dem er schon seit den Jugendzeiten eng befreundet ist, und der auch aus dem Landkreis kommt: Lennard Fock. Bis zur letzten Saison stürmte er noch für die SV Drochtersen/Assel. Beide zusammen gewinnen – obwohl Dallmann einige Spiele verletzt fehlt – mit den Bucks die Meisterschaft in der Liga.

Auftritte im amerikanischen Frühstücksfernsehen

Während seiner Verletzungszeit ist Dallmann auf andere Art und Weise im Einsatz für die Bucks. Er macht zum Beispiel PR für sein Team mit Auftritten im amerikanischen Frühstücksfernsehen oder ist Co-Kommentator bei einem Spiel seiner Mannschaft. Ihm scheint das alles spielend leicht zu gelingen.

Die Spiele der College- und Sommer-Liga sind nachts auch in Deutschland zu sehen – und sie werden gesehen von Freunden und Verwandten.

„Es ist cool, wenn man weiß, dass die Eltern und Freunde nachts um eins aufstehen, um sich diese Begegnungen anzusehen“, erzählt Dallmann. Der Handy-Klingelton seines Vaters erinnert übrigens an das vielleicht beste Spiel von Dallmann in Amerika. In der Sommer-Liga erzielte der junge Stürmer in einer Begegnung fünf Tore, was den Kommentator zu folgendem Ausruf veranlasste: „Dallmann! Dallmann! Dallmann! Five Goals!“ „Das höre ich jedes Mal, wenn ich meinen Vater anrufe“, erzählt Dallmann lachend.

Amerikanischer College-Fußball nicht mit Deutschland vergleichbar

Wie ist aber der amerikanische College-Fußball mit dem deutschen Fußball zu vergleichen? „Das werde ich immer wieder gefragt. Das kannst du eigentlich kaum miteinander vergleichen. Das ist ein ganz anderer Fußball. Lennard Fock hat das mal ganz treffend beschrieben. Hier geht es um Power! Power! Power!. Die Spieler gehen nicht ohne Grund alle zum Krafttraining.“

Überragend, so Dallmann weiter, sei die „Professionalität“ der College-Teams. „Das können die Amis. Ich denke, da brauchen wir uns vor vielen Bundesliga-Teams nicht zu verstecken. Das kann man sich zum Teil gar nicht vorstellen. Wir haben Physios, Analysten – alle möglichen Experten und wir sind im Grunde ja nur College-Fußballer, keine Profis.“

Dallmann erlebt in diesen Jahren so viel, lernt die USA kennen. „Ich habe mal nachgerechnet. Ich war mittlerweile in 31 Staaten“, so der Junge aus der norddeutschen Provinz. „Ich habe an jedem College so viele tolle Menschen kennengelernt, habe nun Freunde in der ganzen Welt. Es läuft für mich einfach überragend hier.“

Im letzten Studienjahr spielt er für die SMU in Dallas

Und die Geschichte ist noch nicht vorbei: Nun steht das letzte Studienjahr an. Dallmann spielt für die SMU in Dallas. „Das ist für mich hier das Sahnehäubchen. Ich bin jetzt schon überglücklich, wie es hier für mich gelaufen ist“, erzählt der junge Fußballspieler, der seinen amerikanischen Traum lebt. „Ich bin hier an einem Junior-College mitten im Nirgendwo angefangen, das damit wirbt, die billigste Uni der USA zu sein, und nun spiele ich für eine der größten und bedeutendsten Universitäten des Landes.“

Zwei Ziele hat er sich für seine Zeit in Dallas gesetzt – einen Master-Abschluss und das National zu gewinnen, das heißt die Endrunde der besten US-Colleges. Mit dem National hat Dallmann noch eine Rechnung offen. Im vergangenen Jahr schied er mit seinem alten College Lipscomb in der 2. Runde überraschend aus – nach einer 0:1-Niederlage.

„Und es war ausgerechnet mein Gegenspieler, der das Tor nach einer Ecke gemacht hat“, so Dallmann. Daran hat der junge Deutsche noch zu knabbern. „Die Szene habe ich immer noch im Kopf. Das treibt mich an. Das will ich dieses Jahr unbedingt besser machen.“

Abschließendes Ziel für Dallmann ist die US-Profiliga

Und da gibt es noch ein Ziel – die US-Profiliga. Bei den Drafts – der Auswahl der Spieler – war Dallmann als Student schon im letzten Jahr dabei. „Das wäre überragend, wenn ich noch mal zu den Drafts eingeladen werde und man mich tatsächlich auswählen würde“, so Dallmann, der, wenn es nicht klappt, schon an einem Plan B arbeitet.

„Ich absolviere zurzeit ein Praktikum bei einer Bank, und ich mache an einer der besten Unis des Landes meinen Master. Nach der College-Zeit möchte ich erst mal in den USA bleiben.“

Doch in einigen Jahren soll es zurückgehen nach Deutschland, nach Kuhstedt. „Ich stehe ja mit meinen alten Kumpels immer noch im engen Kontakt. Mit Grabau, Schmitz und den ganzen Leuten habe ich schon abgesprochen, wenn wir so um die 30 sind, wollen wir nochmals alle zusammen spielen.“

Quelle: Stader Tageblatt – Artikel hier lesen

Quelle: FuPa – Artikel hier lesen